Die Regierung sieht keinen Reformbedarf

Die Verfassung von 1921 legt das Zusammenwirken der liechtensteinischen Staatsorgane in der heutigen Form fest. Die Regierung sieht das Prinzip der gemeinsamen Bestellung der Regierung durch Fürst und Landtag als bewährtes Zusammenspiel, das Liechtenstein in den letzten 100 Jahren politische Stabilität und eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte brachte. In der Staatsfeiertagsansprache 2023 äusserte sich S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein zur Initiative dahingehend, dass eine Annahme zu einer tiefgreifenden Änderung des Verfassungsgefüges führen würde, da die Initiative eine Neuregelung der Beziehungen zwischen den höchsten Staatsorganen und damit letztlich auch zwischen den beiden Souveränen anstrebe.

Die Regierung sieht aus den folgenden Gründen keinen Reformbedarf in Bezug auf die heutige Regelung zur Bestellung der Regierung:

  • Das heutige System funktioniert und ist erprobt.
    Das bewährte System soll nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden. Die Auswirkungen der Initiative auf die politische Stabilität, den Staatsaufbau und die Handlungsfähigkeit des Staates können nicht abschliessend eingeschätzt werden.
  • Der Einbezug des Volkes bei der Wahl der Regierung ist heute bereits gegeben.
    Es ist gelebte Tradition, dass die vorgeschlagenen Regierungsmitglieder den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern früh bekannt gegeben werden. Die Regierungsmitglieder werden nicht wie von den Initianten behauptet in «Hinterzimmern» ausgewählt, sondern von den Parteien nach klaren Kriterien gesucht und von den Parteigremien demokratisch und damit unter Einbezug des Volkes bestimmt.
  • Die Position der Regierung würde gestärkt – Fürst und Landtag würden geschwächt.
    Eine vom Volk bestellte Regierung würde eine deutlich stärkere Position gegenüber dem Landtag erhalten, da sie ebenfalls direkt vom Volk legitimiert ist. Eine vom Volk im ganzen Land direkt bestimmte Regierungschefin bzw. ein Regierungschef wäre zudem ein neuer, starker Machtfaktor, sowohl gegenüber der Landtagspräsidentin bzw. dem Landtagspräsidenten als auch gegenüber dem Landesfürsten.
  • Die Gefahr von politischen Blockaden und vorgezogenen Neuwahlen steigt.
    Eine direkt vom Volk bestimmte Regierung könnte einer anderen politischen Mehrheit im Landtag gegenüberstehen, da es keine parlamentarische Mehrheit für die Regierung braucht. Dies erhöht die Gefahr von politischen Blockaden und von vorgezogenen Neuwahlen.
  • Viele Fragen sind ungeklärt.
    Der Vorschlag der Initianten lässt viele Fragen zur Wahl der Regierung offen. Die zahlreichen Details müssten nach Annahme der Initiative erst auf Gesetzesstufe festgelegt werden.

Daher empfiehlt die Regierung bei der Abstimmung am 25. Februar 2024 ein Nein zum Initiativbegehren.